Zur Zeit John F. Kennedy's

52/1983

John F. Kennedy

Europa - Anfang der 60er Jahre. Die Senioren haben das Sagen. Hier und in Übersee. Die zweite Phase des ökonomischen Aufschwungs läuft zügig vom Stapel, doch das Motto der Erneuerung wird ein ganz Anderer auf seine Fahnen heften. Richard Nixon nützt eine Moskauer Fernsehshow, um sich in Vorwahlzeiten kumpelhaft gegen den bauernschlauen Proletarier Chruschtschow zu profilieren. Doch die Götter haben einen anderen Liebling. John F. Kennedy, Spross einer publicity-sinnigen Millionärsfamilie wird jüngster Präsident der Vereinigten Staaten. Startschuss zu einer All-Future Ära. Blue Jeans Image und ein werbeträchtig reiner Atem blasen frischen Wind in alle Lebensbereiche. Ungetrübter Zukunftsglaube hält schlechthin Alles für machbar. Der allgemeine Aufschwung begünstigt die Sehnsucht nach dem noch besseren Ich. Und selbst Idole liegen dem Über-Idol zu Füßen. Inmitten der Idylle unbeschwerten High Lifes startet Kennedy sein Kuba-Abenteuer. Chruschtschows Reaktionen und Amerikas tief sitzender Horror vor dem Domino-Effekt treiben die Welt an den Rand eines Krieges. Kennedy setzt in seiner Feuerprobe auf Härte und Gottvertrauen. Die berühmt legere Wiener Luft kühlt - wenn auch nur oberflächlich - die Gemüter der beiden mächtigsten Männer der Welt. In dieser traditionsgeladenen Atmosphäre neigt man zur Jovialität. Kennedy würdigt das Geschick österreichischer Nachkriegspolitik und hält deshalb den neutralen Treffpunkt Wien für ideal. Berlin bereitet dem neuen Helden einen stürmischen Empfang. Doch auch sein publikumswirksames Bekenntnis "Ich bin ein Berliner" vermag den Mauerbau nicht zu verhindern. Am Brandenburger Tor spürt er die Grenzen amerikanischer Macht. Kaum zurückgekehrt konfrontiert ihn seine zahlreiche schwarze Wählerschaft mit der schleppenden Verwirklichung seines Wahlversprechens der Rassengleichheit. Martin Luther King führt Hunderttausende zum Lincoln-Memorial, sie einzulösen. Der Zwang nach neuen Ufern mag vor dem All erst recht nicht Halt machen. Ein ehrgeiziges Raketenprogramm soll den Vorsprung der Sowjets egalisieren. Stolz präsentiert der Präsident seinen Parade Astronauten Glenn Ford. Idole am laufenden Band - auch Jenseits des grossen Teiches. Die vier Liverpooler starten gerade ihre Karriere in einem ganz anderen Genre. Mitten im Taumel allgemeiner Aufbruchstimmung macht sich Kennedy arglos auf seinen letzten Weg nach Dallas. Amerika trauert um einen Mythos. Nur zwei Tage später wird der mutmaßliche Mörder Lee Harvey Oswald bei der Überführung in den Gefängnissicherheitstrakt erschossen. Die Hintergründe für den Präsidentenmord werden nie restlos geklärt. Gerüchte und Spekulationen fördern die Mythenbildung. Amerika trägt eine Legende zu Grabe - und mit ihr ein Stück Vertrauen in die Unbegrenzten Möglichkeiten.